Wirtschaftskriminalität - Zahlen Daten und Fakten
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Die im Bereich der allgemeinen Kriminalität recht zuverlässige Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) kann das tatsächliche Ausmaß der Wirtschaftskriminalität nur eingeschränkt darstellen. Dafür gibt es mehrere Gründe:

• Bei der Wirtschaftskriminalität handelt es sich nicht um einzelne feststehende Straftaten oder um ein scharf abgrenzbares Deliktsbündel, sondern um ein komplexes Kriminalitätsfeld. Dies bereitet bei der einheitlichen statistischen Erfassung sowohl landes- als auch bundesweit gewisse Probleme. Dies gilt nicht bei Straftaten gemäß § 74 c Gerichtsverfassungsgesetz, die immer als Wirtschaftskriminalität einzustufen sind. Aber bei Delikten, die nicht zwangsläufig der Wirtschaftskriminalität zuzuordnen sind, beispielsweise Betrug und Untreue, steht dem polizeilichen Ermittler ein unterschiedlich genutzter Definitionsspielraum zur Verfügung. Zur Wirtschaftskriminalität zuordenbar sind nämlich außerdem Delikte, die im Rahmen tatsächlicher oder vorgetäuschter wirtschaftlicher Betätigung begangen werden, wenn sie über eine Schädigung des einzelnen hinaus das Wirtschaftsleben beeinträchtigen oder die Allgemeinheit schädigen können und/oder deren Aufklärung kaufmännische Kenntnisse erfordert. Zugegebenermaßen ein Erfassungsproblem, das wohl auch in absehbarer Zeit nicht befriedigend gelöst werden kann.

• Einige Wirtschaftsstraftaten haben keine individuellen Opfer, sondern sind auf die Schädigung der Allgemeinheit ausgerichtet. Vielfach ist der Modus operandi so angelegt, daß der Geschädigte den Eintritt des Schadens gar nicht bemerken kann. Denken Sie beispielsweise an Steuerhinterziehung, an den Beitragsbetrug zum Nachteil der Sozialversicherungsträger, an Subventionsbetrug sowie an illegale Kartellbildungen, Bestechung und Betrug im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher (Bau-)Aufträge, an Versicherungsbetrug oder auch an Umweltstraftaten. Da in diesen Fällen die Mitwisser meist auch Mittäter sind, fehlt es in aller Regel an den Anzeigeerstattern, die sonst in der überwiegenden Mehrzahl der Ermittlungsverfahren die Sache "ins Rollen bringen".

• Selbst in den Fällen, in denen der Geschädigte den Schaden entdeckt und den Täter kennt, wird nicht selten von einer Anzeige bei den Ermittlungsbehörden abgesehen. Die Motive der Geschädigten sind durchaus nachzuvollziehen, wenn man beispielsweise an die Gefahr der eigenen Strafverfolgung, an die Steuernachforderungen des Finanzamtes bei der Anlage von Schwarzgeldern oder ganz allgemein an den Imageverlust eines Unternehmens denkt. Zudem sind die Geschädigten - auch dies ist verständlich - mehr am Schadensersatz als an der Strafverfolgung interessiert.

Neben der Dunkelfeldproblematik muß bei den Wirtschaftsstraftaten auch noch folgendes berücksichtigt werden:

• Die PKS ist eine Ausgangsstatistik, d.h. die Fälle werden nach Abschluß der polizeilichen Ermittlungen bei der Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft statistisch erfaßt. Speziell im Bereich der Wirtschaftskriminalität führen die teilweise sehr langen - oft mehrjährigen - Bearbeitungszeiten und die bei einzelnen Fachdienststellen bestehenden Bearbeitungsrückstände sowie die mitunter beträchtlichen Zeitabstände zwischen der Tatbegehung und deren Aufdeckung dazu, daß die PKS nur bedingt die Kriminalitätslage im Jahr der Erfassung widerspiegelt. Dies gilt analog auch für die polizeilich registrierten Schäden durch die Wirtschaftskriminalität. Man denke in diesem Zusammenhang nur beispielsweise an Veruntreuungen, die sich durch geschickte Vertuschung über mehrere Jahre hinziehen können, bis sie schließlich entdeckt werden. In der PKS wird der Gesamtschaden, der über mehrere Jahre hinweg entstanden ist, dem Jahr des Ermittlungsabschlusses zugeschlagen.

• Ermittlungsverfahren der Wirtschaftskriminalität sind meist komplex und beinhalten regelmäßig mehr als einen Tatvorwurf. Auch dies ist mit der PKS nicht zu erfassen, da nur einzelne Straftaten gezählt werden.

Trotz dieser Mängel und Unzulänglichkeiten glaube ich, daß wir, gestützt auf die Erfahrungen der Fachdienststellen sowie die Erkenntnisse der Strafverfolgungsbehörden, der Steuer- und der Arbeitsverwaltung, aber auch der Wirtschaft selbst, ein realitätsnahes Bild der Erscheinungsformen, Entwicklungen und neuen "Maschen" der Wirtschaftskriminalität zeichnen können.

Zitat: Franz-Hellmut Schürholz

Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg

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