Wirtschaftskriminalität - Zahlen Daten und Fakten
Korruptionskriminalität
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Korruptionskriminalität

Die Zeiten, in denen man mit dem Finger auf das Ausland zeigen konnte, sind sicher vorbei. Auch in Deutschland hatten wir in den vergangenen Jahren unsere eigenen Korruptionsaffären. Welche Dimension die Einflußnahme von Wirtschaftskriminellen auf Entscheidungsträger und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung haben kann, zeigen die in den vergangenen Jahren in Frankfurt am Main und im Main-Taunus-Kreis, aber auch die in München und Berlin ermittelten umfangreichen Korruptionsfälle im Bereich der Auftragsvergabe und der gebührenpflichtigen Dienstleistungen. Nach den bundesweiten polizeilichen Erkenntnissen liegt ein Schwerpunkt der Korruptionskriminalität eindeutig auf dem Gebiet der Auftragsvergabe im Bausektor der öffentlichen Hand.

Ganz abgesehen von den wirtschaftlichen Schäden stehen meines Erachtens hier die politischen Auswirkungen, insbesondere der Vertrauensverlust in den Rechtsstaat und seine Institutionen, im Vordergrund.

Daß Baden-Württemberg bislang von spektakulären Fällen in diesem Deliktsbereich "verschont" blieb, ist meines Erachtens weniger auf Unterschiede in der Korruptionswirklichkeit gegenüber anderen Bundesländern zurückzuführen, als auf Unterschiede in der Wahrnehmung und Erkenntnis der Wirklichkeit, mit anderen Worten auf eine unterschiedliche Aufhellung des Dunkelfeldes.

Die bestehenden Defizite in der Korruptionsbekämpfung können wirksam nur durch ein Bündel von Maßnahmen in unterschiedlicher Zuständigkeit behoben werden. In der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit und angesichts des Umstandes, daß sich Korruptions- und Wirtschaftskriminalität nur teilweise decken, möchte ich hierzu nur ein paar Stichworte anführen:

• Systematische Informationssammlung und -auswertung bekanntgewordener Korruptionsfälle beim Landeskriminalamt.

In diesem Zusammenhang ist auch an die Einführung eines polizeilichen Sondermeldedienstes gedacht.

• Verbesserung der Verdachtsgewinnung und dadurch Aufhellung des Dunkelfeldes durch behördeninterne, verdachts- und anlaßunabhängige Kontrollen und Revisionen.

Die Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen, daß mit einer intensivierten und systematisierten Prüftätigkeit des Landesrechnungshofes und der Gemeindeprüfungsanstalt in korruptionsgefährdeten Bereichen Erkenntnisse gewonnen werden können, mit denen ein strafrechtlicher Anfangsverdacht begründet werden kann, der überhaupt erst die Strafverfolgungsbehörden in die Lage versetzt, die Ermittlungen aufzunehmen.

• Institutionalisierung einer behörden- bzw. ressortübergreifenden Zusammenarbeit.

Hier ist an die Einrichtung einer Koordinierungsstelle zwischen Polizei, Justiz, Arbeitsverwaltung, Rechnungshöfe, Gemeindeprüfanstalt und Finanzbehörden zu denken.

• Intensivierung und Spezialisierung der Ermittlungen durch Einrichtung einer zentralen Ermittlungseinheit beim Landeskriminalamt und Bildung von "Anti-Korruptions-Referaten" bei den Staatsanwaltschaften.

• Erarbeitung eines zielgruppenorientierten Präventionskonzeptes.

Beispielsweise durch Schwachstellenanalysen in korruptionsgefährdeten Bereichen, Einführung des Vier-Augen-Prinzips, Mitarbeiterrotation und andere denkbare Maßnahmen.

• Verbesserung des rechtlichen Instrumentariums.

Beispielsweise durch Einstufung der Bestechlichkeit als Verbrechen und Aufnahme in den Katalog des § 100a StPO; Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit von Schmiergeldern als "Nützliche Aufwendungen".

• Ächtung korrumptiven Verhaltens.

Ein sehr wirksames Mittel wäre hierfür der befristete Ausschluß korrumptiv tätig gewesener Firmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Die Wirtschaftskriminalität spielt zwar in der PKS von den Fallzahlen her keine herausragende Rolle, jedoch sind die Schäden, die durch diese Kriminalitätsform entstehen, immens. In den letzten 10 Jahren lag die jährliche Schadenssumme durchschnittlich bei 340,7 Mio DM. In der PKS werden zudem nur die unmittelbaren, durch die Straftaten selbst herbeigeführten Schäden registriert. Bundesweit wird der durch die Wirtschaftskriminalität verursachte Gesamtschaden, einschließlich der wirtschaftlichen Folgeschäden, auf ca. 10 % des Bruttosozialproduktes1 und damit auf ca. 300 Mrd. DM geschätzt.

Das Hauptproblem einer wirksamen Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität sind die Personalengpässe in den Ermittlungen. Die extrem langen Verfahrensdauern bei Wirtschaftsstraftaten sind vor allem darauf zurückzuführen, daß die kriminalpolizeilichen Fachdienststellen, die Schwerpunktstaatsanwaltschaften und die Wirtschaftsstrafkammern hoffnungslos überlastet sind. Es ist beinahe müßig, sich über die Möglichkeiten und erforderlichen Maßnahmen zur Aufhellung des Dunkelfeldes Gedanken zu machen, wenn man sich die momentane, bedrückende Situation vergegenwärtigt, in der die Strafverfolgungsbehörden erhebliche Schwierigkeiten haben, die bereits bekannten Straftaten (also das Hellfeld) zeitnah zu verfolgen und zu ahnden. Hierbei ist auch an die negativen Auswirkungen dieser Misere auf das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung und letztendlich die Akzeptanz des Rechtsstaates zu denken.

Zitat: Franz-Hellmut Schürholz

Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg


Entwicklung der Korruptionskriminalität am Beispiel Nordrhein-Westfalen im Vergleich der Jahre 2008 - 2012

Jahr Korruptionsverfahren Korruptionsverfahren ohne Abtrennungen
2008 80 71
2009 207 83
2010 289 96
2011 313 89
2012 384 114

Aufschlüsselung der 348 Korruptionsverfahren des Jahres 2012 in NRW

Verfahren aufgefallen durch
125 kriminalpolizeiliche Ermittlungen
21 Steuerfahndung und Finanzbehörden
53 anonyme Anzeigen
3 Medienauswertungen
18 Korruptionsbekämpfungsgesetz NRW
128 Anzeigen und interne Prüfungen der Unternehmen

Ein Großteil der Ermittlungsverfahren wurde die Jahre über hinweg wegen Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach §334 oder wegen Bestechung nach §334 durchgeführt.