Wirtschaftskriminalität - Zahlen Daten und Fakten
Organisierte Kriminalität in der Wirtschaft
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Organisierte Wirtschaftskriminalität

Daten über Ermittlungsverfahren der Organisierten Kriminalität sind nicht der PKS zu entnehmen, sondern werden in den Bundesländern jährlich nach einem bundeseinheitlichen Erhebungsraster und auf der Basis der zwischen der Innen- und Justizministerkonferenz abgestimmten OK-Definition ermittelt und zusammengefaßt.

Wie schon in den Jahren zuvor, wurde das Lagebild der Organisierten Kriminalität 1994 in Baden-Württemberg in Bezug auf die Einzeldelikte durch die Wirtschaftskriminalität geprägt.

Unter den 58 "OK-Verfahren" befanden sich zwar nur zwei Ermittlungsverfahren mit einem Deliktsschwerpunkt Wirtschaftskriminalität. Damit geht aber eine hohe Deliktshäufigkeit, insbesondere der Betrugstaten, mit den Schwerpunkten beim Kapitalanlagebetrug, der Untreue sowie den "sonstigen Betrugshandlungen" einher. Dies ist im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß den Ermittlungsverfahren breit angelegte Serienstraftaten mit einer hohen Anzahl von Einzeldelikten zugrunde liegen. Der Anteil der Vermögensdelikte an den "OK-Straftaten" beträgt 73,7 %.

Herauszustellen in diesem Zusammenhang sind auch die Kriminalitätsbereiche "unerlaubte Arbeitsvermittlung und Beschäftigung" sowie "illegale Einschleusung von Ausländern". Beide Deliktsbereiche zeigen sich in der Praxis als Gemengelage. Die Verfahren der illegalen Einschleusung von Ausländern weisen eine starke Verzahnung zum organisierten Menschenhandel auf. Insgesamt haben die festgestellten Einzelstraftaten in diesem Bereich der Organisierten Kriminalität gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen.

Zum Bereich der organisierten Wirtschaftskriminalität ein Fallbeispiel:

• Das Landeskriminalamt bearbeitet seit Mitte 1992 ein umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen eine internationale Tätergruppe, die sich hauptsächlich aus italienischen und einem österreichischen Tatverdächtigen zusammensetzte. Aktiv war die Tätergruppe nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in den neuen Bundesländern und in Frankreich.

Im Jahr 1989 trat einer der Haupttäter, ein 39jähriger Italiener, als Verantwortlicher einer schweizerischen Firmengruppe gegenüber einer Gemeinde im Kreis Tuttlingen auf und spiegelte den Stadtoberen vor, im Namen potenter Investoren ein Werk zur Herstellung von Fensterholz im Gesamtvolumen von 35 Mio DM erstellen zu wollen. Die Hälfte der Erstellungskosten sollten vom Hauptinvestor, einer schweizerischen Gesellschaft, durch Eigenkapitaleinsatz getragen werden. Von den Tätern wurden noch weitere Projekte wie ein Kaltwalzwerk, ein Gewerbegebäude und ein Wohnraumbeschaffungsprogramm mit 250 Wohneinheiten für die Arbeitskräfte des Fensterholz- und Kaltwalzwerkes in Aussicht gestellt.

Den Tätern gelang es dadurch, Kredite von örtlichen Banken und einem überörtlichen Kreditinstitut in Millionenhöhe zu erlangen. Der Schaden der Kreditinstitute beläuft sich allein in diesem Fall auf nahezu 30 Mio DM.

Mit dieser Vorgehensweise gelang es derselben Tätergruppe, in Frankreich Banken in Höhe von ca. 6 Mio Schweizer Franken zu schädigen. Bereits im Sommer 1991 wurde wegen des französischen "Projekts" in der Schweiz gegen den italienischen Haupttäter Haftbefehl erlassen. Der 39jährige konnte sich jedoch noch rechtzeitig nach Italien absetzen.

Mit dem bewährten Modus operandi versuchte die Tätergruppe Anfang 1992 auch in Brandenburg Fuß zu fassen. Dort sollte der Einstieg in die weiteren Straftaten mit der Übernahme eines ehemaligen volkseigenen Verkehrsbetriebes von der Treuhandanstalt Berlin erfolgen. Die weitere Tatausführung konnte jedoch im Juli 1992 mit der Festnahme des 39jährigen und zwei seiner Mittäter durch Kräfte des Landeskriminalamts Baden-Württemberg und des Polizeipräsidiums Cottbus verhindert werden.

Ein weiterer Haupttäter, dem allein ein Schaden von 16 Mio DM zugerechnet wird, wurde im August 1994 aufgrund eines internationalen Haftbefehls am Grenzübergang Kiefersfelden festgenommen. Der Haftbefehl gegen den österreichischen Großspediteur wurde im Februar 1995 unter Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Der 39jährige italienische Haupttäter wurde mittlerweile zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Desweiteren liegen schweizerische und französische Auslieferungsbegehren vor, so daß er auch nach Verbüßung seiner Strafe in Deutschland nicht damit rechnen kann, alsbald in Freiheit zu gelangen.

Ein Mittäter, ein 42jähriger Italiener, erhielt eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren.

Das Thema Wirtschaftskriminalität umfaßt natürlich auch die Frage der Verflechtung zwischen Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung vor dem Hintergrund einer Beeinflussung des Verwaltungshandelns, sprich die Korruptionskriminalität.

Zitat: Franz-Hellmut Schürholz

Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg